Reisen - für viele ein Synonym für Freiheit, Abenteuer und Selbstfindung.
Für mich war es allerdings oft eine Art von Herausforderung. Auch wenn ich gehofft hatte, dass die Depression im Gepäck bleibt, war sie auf jeder Etappe meiner Reise präsent. Sie war wie ein unsichtbarer Mitreisender, der mir meine Energie raubte, meine Gedanken lähmte und mein Selbstbewusstsein schwächte.
Hier ist, wie sich meine Depression während des Reisens angefühlt hat und was ich aus dieser Erfahrung gelernt habe:
- Das Schweigen in Gesprächen
Auf Reisen begegnet man vielen neuen Menschen, jeder mit seinen eigenen Geschichten, Erfahrungen und Träumen. Doch ich fühlte mich oft unfähig, mich in diese Gespräche einzubringen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, wie ich mich öffnen sollte oder worüber ich überhaupt reden könnte.
Es war, als ob die Depression mir die Sprache raubte. Ich dachte ständig: "Was habe ich schon zu erzählen? Was habe ich erreicht, das interessant wäre?" Diese Selbstzweifel hielten mich zurück und so blieb ich oft still. Ich beobachte Gespräche von außen, anstatt aktiv daran teilzunehmen und das Gefühl von Isolation wuchs dadurch noch stärker.
- Die Unsicherheit: Wohin soll es gehen?
Reisen erfordert Entscheidungen - wohin als Nächstes, wie lange bleiben, welche Route nehmen?
Doch in meinem depressiven Zustand fiel es mir unglaublich schwer, solche Entscheidungen zu treffen. Alles schien gleich wichtig oder gleich unwichtig und die Verantwortung, diese Entscheidung zu tragen, fühlte sich erdrückend an.
Ich überließ meinem Partner oder anderen die Planung, weil ich schlichtweg nicht die Energie oder Klarheit hatte, selbst etwas vorzuschlagen. Doch das verstärkte mein Gefühl, "nichts unter Kontrolle" zu haben, was mich noch tiefer in meine Unsicherheit stürzte.
- Die Begegnung, die mich runterzog
Während einer Reise hatte ich eine intensive Begegnung mit jemanden, die mich emotional sehr belastet hat. Ihre Worte und ihr Verhalten haben mich runtergezogen, aber ich wusste nicht, wie ich mich aus der Situation lösen sollte. Ich war innerlich blockiert - zwischen dem Wunsch, höflich zu bleiben und dem Bedürfnis, mich zu schützen.
Die Depression verstärkte dieses Gefühl der Handlungsunfähigkeit. Ich grübelte ununterbrochen über die Situation nach, fragte mich, ob ich etwas falsch gemacht hatte und suchte nach einem Weg, mich besser abzugrenzen. Doch ich fand ihn nicht.
- Das Grübeln und die körperliche Belastung
Reisen sollte eigentlich eine körperliche und mentale Befreiung sein, doch für mich fühlte es sich oft wie das Gegenteil an. Mein Kopf war ständig voll - voller Sorgen, Zweifel und endlosem Grübeln. Ich war selten wirklich präsent, weil meine Gedanken immer wieder in die Vergangenheit oder in ein ungewisses "Was wäre wenn?" abdrifteten.
Gleichzeitig fühlte ich mich körperlich unwohl.
Ich war erschöpft, hatte wenig Energie und fühlte mich nie wirklich "im Reinen" mit mir selbst. Mein mangelndes Selbstbewusstsein machte es schwer, mich wohlzufühlen - egal, wo ich war oder wie schön die Umgebung sein mochte.
- Das Gefühl, nichts zu erzählen zu haben
Ein weiteres großes Thema war mein Empfinden, dass ich nichts zu erzählen hätte. Andere Reisende berichteten von spannenden Abenteuern, beruflichen Erfolgen oder ihren großen Plänen und ich dachte immer nur: "Was habe ich vorzuweisen?"
Dieses Gefühl der Wertlosigkeit begleitete mich überallhin. Es fiel mir schwer, stolz auf das zu sein, was ich erlebt hatte und stattdessen verglich ich mich ständig mit anderen - ein Vergleich, bei dem ich immer den Kürzeren zog.
- Die schlechte Laune und das oberflächliche Öffnen
Die Depression zeigte sich auch in meiner Laune.
Es gab Tage, an denen ich einfach nur schlecht gelaunt war, ohne genau zu wissen, warum. Ich fühlte mich schnell genervt, unzufrieden und gereizt, was nicht nur mich belastete, sondern auch die Menschen um mich herum.
Wenn ich mich mal öffnete, dann nur oberflächlich.
Ich ließ niemanden wirklich an mich heran, aus Angst, zu viel von mir preiszugeben oder als "schwierig" abgestempelt zu werden. Diese Mauer, die ich um mich herum aufgebaut hatte, schützte mich zwar, ließ mich aber auch einsam fühlen.
- Was ich daraus gelernt habe
Auch wenn die Depression auf unseren Reisen viele Herausforderungen mit sich brachte, habe ich daraus einiges gelernt:
- Depression kennt keine Ortsgrenzen:
Egal, wie weit man reist - man nimmt seine inneren Kämpfe mit. Es ist keine Flucht möglich, sondern nur ein bewusster Umgang mit der Krankheit.
2. Selbstfürsorge ist essenziell:
Ich habe gelernt, dass ich mir auch auf Reisen Zeit für mich selbst nehmen muss - sei es durch Tagebuch schreiben, einen ruhigen Spaziergang oder einfach nur ein Moment der Stille.
3. Grenzen setzen:
Die Begegnung, die mich emotional belastet hat, hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, Grenzen zu setzen. Auch wenn es schwerfällt, ist es notwendig, sich vor toxischen Einflüssen zu schützen.
4. Es ist okay, nicht perfekt zu sein:
Ich musste mir selbst erlauben, nicht immer glücklich, abenteuerlustig oder gesprächig zu sein. Das gehört genauso zu mir, wie die schönen Momente.
5. Authentizität verbindet:
Ich habe festgestellt, dass ich tiefere Verbindungen aufbauen konnte, wenn ich ehrlich über meine Gefühle gesprochen habe - auch wenn es schwer war, diesen Schritt zu gehen.
Ein Fazit aus der Erfahrung
Reisen mit Depressionen war für mich keine einfache Erfahrung.
Es war ein ständiger Kampf zwischen der äußeren Welt, die so viel Schönheit und Abenteuer bot und meiner inneren Welt, die oft dunkel und schwer war.
Aber heute weiß ich : Diese Reisen waren ein wichtiger Teil meines Weges. Sie haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, auf mich selbst zu hören, Grenzen zu setzen und mich nicht für meine Gefühle zu schämen. Und obwohl die Depression mitreiste, haben diese Erfahrungen mich letztlich stärker gemacht.
Wenn du mit ähnlichen Gefühlen kämpfst, möchte ich dir sagen:
Du bist nicht alleine!
Es ist okay, wenn die Reise nicht immer leicht ist. Wichtig ist, dass du dir erlaubst, deinen eigenen Weg zu gehen - mit all den Höhen und Tiefen, die dazugehören!
Eure,
Sabrina.
Kommentar hinzufügen
Kommentare